Kirchenkreissynode Emden-Leer tagte im Oktober

18. Oktober 2021

Menschen in der Kirche sollen neugierig und innovativ sein

Zukunftsprozess des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Emden-Leer stand bei der Synode im Mittelpunkt

Offen für Neues zu sein – darauf komme es bei der Bewältigung vieler Herausforderungen der Kirche in den kommenden Jahren und Jahrzehnten an. Das machten verschiedene Redner vor der Synode des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Emden-Leer deutlich. Im Mittelpunkt des Abends stand dessen Zukunftsprozess.

Das Kirchenparlament tagte in der Lutherkirche Leer erstmals wieder in Präsenzform unter Berücksichtigung der 3G-Regel. Hans-Hermann Woltmann (Bingum) begrüßte als Vorsitzender der Kirchenkreissynode 54 Mitglieder. Als Referenten hieß er Pastor Matthias Wöhrmann, Leiter der Gemeindeberatung und Organisationsentwicklung im Haus kirchlicher Dienste in Hannover, und Dr. Jan Hermelink, Professor für Praktische Theologie und Pastoraltheologie an der Georg-August-Universität Göttingen, willkommen.

Wöhrmann steht gemeinsam mit seiner Kollegin Kerstin Dierolf im Zukunftsprozess beratend zur Seite und gab einen Sachstandsbericht. Neben allgemeinen kirchlichen Herausforderungen sei auch ein Aspekt, dass die Folgen der Fusion der Kirchenkreise Emden und Leer im Jahr 2013 noch nicht verarbeitet seien, sagte er. Als Ziel nannte der Redner, dass die Steuerungsgruppe des Kirchenkreises Themen und Fragen erfasse und bearbeite – und zwar unter einer breiten Beteiligung. Als Grundlage liege viel Material vor, das unter anderem in verschiedenen Workshops gesammelt worden sei.

Dem hohen Engagement der Steuerungsgruppe stehe derzeit noch ein „eher gebremstes Interesse“ der Kirchenmitglieder gegenüber, sagte Wöhrmann. Es gebe teilweise große Bereitschaft für Neues, aber vielfach auch den Wunsch, möglichst viel Bewährtes zu erhalten. Derzeit stünden die Fragen zum Management der Ressourcen im Vordergrund.

Bei den nächsten Schritten gehe es darum, Konzepte und die Stellenplanung im Kirchenkreis mit Offenheit für Innovation in den Blick zu nehmen. Über Szenarien für die künftige Struktur der Arbeit im Kirchenkreis (Zuständigkeiten, Nachbarschaften, Kooperationsformen) sei nachzudenken. Längerfristige Zukunftsbilder für den Kirchenkreis sollten entwickelt werden. Letztlich gehe es auch darum, innovative Modelle auszuprobieren und zu realisieren.

„Zwischen Ist und Soll – Sichtweisen auf die evangelische Kirche vor Ort“ hatte Professor Hermelink sein Impulsreferat überschrieben. Eine Basis bilde die 2019 verabschiedete neue Verfassung der Landeskirche, die selbst schon in vieler Hinsicht innovativ sei. Darin werde deutlich, dass das Evangelium in vielerlei Gestalt geschehe, so auch in Diakonie, Seelsorge, Bildung und Kunst. Angesprochen werde auch die Vielfalt kirchlichen Lebens. Diese sei vorhanden, solle aber noch stärker werden.

Eine Sichtweise bezog Hermelink auch auf die von Professor Dr. Christian Grethlein, Theologe, Autor und Hochschullehrer, verfasste praktisch-theologische Programmformel von der „Kommunikation des Evangeliums“. Diese beziehe sich auf drei für das Zusammenleben der Menschen grundlegende Interaktionssphären: Das Lehren und Lernen, das gemeinschaftliche Feiern und das Helfen zum Leben.

Jan Hermelink ging auch auf die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland aus 2012 ein. Sie zeige, dass nicht immer die eigene Ortskirche im Vordergrund stehe. Diakonisches Handeln sei eine zentrale kirchliche Aktivität. Dass sich die Kirche um Menschen in sozialen Notlagen kümmere, gehöre zu den stärksten Erwartungen an die Kirche. 85 Prozent der Mitglieder und 50 Prozent der Konfessionslosen hätten sich dafür ausgesprochen, dass die evangelische Kirche beispielsweise Kindertagesstätten und Beratungsstellen betreibe.

Abschließend zitierte Dr. Hermelink einen Buch-Titel seiner Lieblings-Theologin Dorothee Sölle: „Es muss doch mehr als alles geben“. In diesem Sinne forderte er die Zuhörer auf: „Gucken Sie darauf, was schon da ist, seien Sie neugierig!“ Diesen Aufruf nahm auch eine Synodale auf, die in der Aussprache das Wort ergriff: „Vieles machen wir schon, werden aber im Kirchenvorstand noch intensiv diskutieren müssen – auch über manches, von dem wir uns verabschieden müssen“.

Dass dem Kirchenkreis große Herausforderungen bevorstehen, wurde auch im zweiten Teil der Sitzung deutlich, in dem über Kirchenkreiskonzepte und Themen verschiedener Ausschüsse berichtet wurde. Der Zwang zu erheblichen Einsparungen, Pfarrstellen-Vakanzen und die Umsetzung von Klimaschutz-Maßnahmen gehörten dazu.