Mit Frauen-Porträts den Zahlen ein Gesicht gegeben

Pressemitteilung 07. Februar 2020

Ausstellung „Die Hälfte des Himmels – 55 Frauen und Du“ in der Johannesgemeinde eröffnet

kkl Emden. „Sehr beeindruckende Bilder!“ „Tolle Idee!“ „Die Aussagen haben mich berührt.“ So und ähnlich klangen die Kommentare von Besucherinnen bei der Eröffnung der Ausstellung „Die Hälfte des Himmels – 55 Frauen und Du“. Annette Schiffmann stellt in Porträts und Hör-Interviews 55 ganz unterschiedliche Frauen vor. Für das „Du“ steht ein Spiegel, der zum Nachdenken über sich selbst anregt. Bis zum 16. Februar täglich von 15 bis 17 Uhr ist die Schau im Gemeindezentrum der evangelisch-lutherischen Johannesgemeinde Emden an der Schlesierstraße geöffnet.
Da ist zum Beispiel Ursula zu sehen. Die 49-jährige Altenpflegerin wäre als Kind gern ein Junge gewesen. Heute ist sie gern eine Frau. „Aber früher hier oder in vielen Ländern heute würde ich zum Verplatzen keine Frau sein wollen“, sagt sie. Neben ihrem hängt das Bild von Nirit, einer in Deutschland lebenden Israelin. Sie spricht über Angst, negative Gefühle und Gewalt. Als Reiseführerin versucht sie, etwas in den Köpfen der Touristen zu ändern. Kurze Texte befinden sich jeweils unter den Fotos, ausführlich sind die Interviews per Audioguide zu hören.

Für die Gemeinde sei es eine große Freude, die Ausstellung in ihren Räumen zu haben, sagte Pastorin Vera Koch. Anerkennung dafür sprach in ihrem Grußwort Bürgermeisterin Andrea Risius aus. Denn es gehe auch um das Thema Gewalt. Sich dem zu stellen, sei wichtig. Superintendentin Christa Olearius hatte sich schon die Darstellung im Internet (www.haelfte-des-himmels.de) angeschaut. „Als Theologin hat mich das zu zwei weiteren Geboten inspiriert“, sagte sie: „11. Gewöhn dich nicht an Gewalt, schau hin. 12. Vergesst den Himmel nicht“.

Zur Eröffnung der Ausstellung waren vor allem Frauen gekommen. Das lag wohl auch daran, dass neben der Johannesgemeinde die Frauenarbeit des Kirchenkreises, der Präventionsrat und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Emden sowie das Frauenhaus der AWO als Veranstalter eingeladen hatten. Aber Männer seien natürlich ebenso willkommen, hieß es.
Annette Schiffmann ließ die Gäste erst einmal Eindrücke sammeln, bevor sie eine Einführung in ihr Werk gab. Die 66-Jährige, die in ihrem dritten Beruf PR-Beraterin und Öffentlichkeitsarbeiterin ist, sollte zu einer Statistik über Gewalt an Frauen ein Faltblatt und ein Plakat gestalten. „Das kann ich nicht“, sagte sie. Die „Litanei des Grauens, was Menschen anderen antun“, mochte sie nicht noch mal durcharbeiten. Stattdessen wollte sie „der Statistik ein Gesicht geben“. Ein Projekt mit Frauen, nicht über sie, habe sie sich vorgenommen. Etwas Schönes sollte aus dem Thema Gewalt hervorgehen. Wie wichtig Mut, Ausdauer und Zuversicht seien, um weiter für gerechtere und fröhlichere Verhältnisse zu kämpfen – das aufzuzeigen, sei ein Ziel der Ausstellung.

Fünf Fragen stellte Annette Schiffmann in ihren Interviews. „Bist du jemals mit Gewalt in Berührung gekommen?“, habe sie erst an die vierte Stelle gesetzt. „Es sollte keine Opfer-Ausstellung werden“, sagte sie. Besonders anrührend sei gewesen, dass manche Frauen zum ersten Mal über sich selbst redeten. „Ihr Vertrauen war das schönste Geschenk für mich“, so die Heidelbergerin.

„Worauf bist du in deinem Leben stolz?“, lautete die erste Frage. Fast allen sei etwas dazu eingefallen. Die bewegende Erkenntnis, wie viel Frauen gemeinsam hätten, habe sich aus der Frage danach ergeben, was das Schöne daran sei, eine Frau zu sein. Drittens, so die Interviewerin, habe sie sich nach empfundenen Nachteilen des Frauseins erkundigt. „Die gute Fee erfüllt dir drei Wünsche – was muss sie tun, damit unsere Kinder ohne Angst und in Würde groß werden können?“ So lautete die fünfte Frage. Die Antworten seien erfreulich kreativ und vielfältig gewesen. Als häufigstes Wort sei „Respekt“ genannt worden. Ergeben habe sich ein Bild über Frauen in Würde und „wozu wir imstande sind, wenn wir Mut haben oder diesen wiederfinden“, sagte Annette Schiffmann.
Bei Tee und Kuchen ergaben sich intensive Gespräche unter den Besucherinnen und Besuchern. Zwischen Redebeiträgen und dem Anschauen der Bilder sorgte Pastor Heiner Dorkowski mit der Gitarre für musikalische Übergänge.